Netzpolitik.org: Ein #Landesverrat der Politik, Geheimdienste und Justiz

50 Jahre nach der unsäglichen Spiegelaffäre ist es wieder soweit. Weil unabhängige Journalisten, in diesem Falle Blogger vom Blog Netzpolitik.org, ihrer wichtigen Arbeit nachgingen und investigativ Geheimdienstdokumente veröffentlichten, werden gegen sie Ermittlungen wegen Landesverrats von Generalbundesanwalt Harald Range eingeleitet.

Landesverrat klingt ähnlich wie die Anschuldigungen der US-Regierung, die gegen NSA-Whistleblower Edward Snowden erhoben werden. Gott sei Dank herrscht in Deutschland keine Todesstrafe mehr, sie wäre sicherlich gegen Markus Beckedahl und seine journalistischen Mit-Blogger von diversen konservativen Hardlinern längst gefordert worden.

Man muß sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Anklage lautet auf Landesverrat, weil netzpolitik.org Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlichte, die darlegen, dass wir alle, also Du und ich und auch Journalisten, Politiker, Rechtsanwälte und was weiß ich wer, noch besser in sozialen Netzwerken überwacht werden und dafür Gelder bereitgestellt werden sollen. Also Informationen darüber, dass das eigene Volk von Geheimdiensten unter Generalverdacht gestellt und ausgespäht wird! Ein unverfrorener Bruch demokratischer Spielregeln. Diese zu verletzen scheint ein echter Politikersport geworden zu sein. Auf Grundrechte wird nicht mehr geschaut, alles was der Sache dienlich ist, das heißt dem eigenen Machtanspruch und Geldbeutel, wird gnadenlos durchgezogen.

Wobei ich vermute, dass die Ermittlungen im Falle von Netzpolitik.org nur ein kleiner Versuchsballon und zugleich eine Drohung an andere Journalisten ist. Die Botschaft lautet hierbei: Bleibt systemkonform und muckt nicht gegen den Staat auf! Pressefreiheit hat ihre Grenzen! (wie gerade heute Ex-Familienhäschen Kristina Schröder unumwunden öffentlich twitterte) Noch nicht einmal der Vorwurf Landesverrat gilt als gesichert, ist also juristisch noch nicht einmal begründet. Ein „unabhängiges“ Gutachten soll tatsächlich erst einmal feststellen, ob es sich bei der Veröffentlichung der Geheimdienstdokumente des Verfassungsschutzes wirklich um „Staatsgeheimnisse“ handelt.

Ist man bösartig, kann man feststellen, dass die Bekanntgabe der grenzenlosen Überwachung des eigenen Volkes tatsächlich ein Geheimnisverrat bedeutet, und zwar für die, die uns alle überwachen. Ein zweckgebundenes Staatsgeheimnis sozusagen. Generalbundesopa Range hat für heute erst einmal die Pressefreiheit wiederhergestellt und verzichtet bis zur Vorlage der Erkenntnisse des Experten, ob es sich nun um Landesverrat handelt oder nicht, auf weitere Ermittlungen. Range wußte wohl mal wieder nicht, was er machen sollte und spielt erst einmal auf Zeit ob dieser riesigen Entrüstung, die im Netz kursiert, vielleicht auch auf Weisung von Maas, man weiß es nicht.

Da kam vor kurzem die Entscheidung, die Ermittlungen um den NSA-Abhör-Skandal zu beenden, etwas schneller. Wenn es gegen Nicht-Mainstream-Journalisten geht, werden sofort Ermittlungen aufgenommen. Es ist ein Eiertanz, den die Justiz aufführt und es wird soviel mit zweierlei Maß gemessen, wie möglich. Auch die Regierung bekleckert sich nicht mit Ruhm und laviert herum. Merkel sagt gar nichts, aber, das kennt man ja zur Genüge von ihr. Auch oberster Dienstherr von Range, Heiko Maas, sagt gar nichts zu der Angelegenheit.

Man kann gerne darüber spekulieren, welche Köpfe rollen werden, sollte es zur Anklage gegen Netzpolitik.org kommen. Denn, dass Köpfe rollen sollten ist unbestritten, jedenfalls wenn man nur noch einen Funken demokratisches Denken in sich trägt. Allerdings befürchte ich, dass im Gegensatz zur eingangs erwähnten Spiegelaffäre, wo Strauss seinen Hut nehmen mußte, niemand eine politische Verantwortung übernimmt und allenfalls Bauernopfer in Form von Abteilungs- oder Referatsleitern fallen werden, wenn überhaupt.

„Verantwortung ist eine Zier, doch weiter komm‘ ich ohne ihr!“ lautet wohl das Credo leitender Politiker.

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