Nun ist der wohl inhaltloseste Wahlkampf aller Zeiten endlich vorbei. Die CDU machte auf „weiter so…“ mit quälender Langeweile, die CSU (kann nicht anders) machte auf Bayernplan und überholte ganz rechts auf dem Standstreifen, die SPD versuchte es mit „Gerechtigkeit“ (worin auch immer) die FDP übte sich in schwarz-weiss-Malerei und irgendwas mit Digitalem, die AfD, na ja, wurde von den Medien mit Talkshows und Berichten zu Flüchtlingen gefüttert. Die Grünen sorgten sich um ihren Rauswurf aus dem Bundestag und die Linken kämpften wie eh und je ums Überleben, werden ja sowieso in diesem Land nicht ernst genommen.
Merkel trat nach der Wahl strahlend vor die Presse. Denn, sie war ja Kanzlerin geblieben. Dass ihre Partei gerade gefleddert auf dem Boden lag und sie das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren hat, interessierte die machtbesessene Kanzlerin dabei herzlich wenig. Ihr ist nur wichtig, dass die CDU stärkste Kraft ist. Dass nun, mit ihrem und Seehofers Zutun Rechte im Parlament sitzen, ist ihr vollkommen egal. Dabei ist es gerade die CDU, die einen Massenüberlauf in Höhe von über einer Million zur AfD zu verkraften und zu verantworten hat. Einige Hunderttausende sind wohl auch ins Lager der FDP gewechselt. Das läßt tief blicken. Also geht’s weiter mit dem Aussitzen, Herumlavieren und Schweigsamkeit. Es wird schlimmer als noch unter Kohl.
Die CSU hat krachend Stimmen verloren. Und gleichfalls ist der Anteil an AfD-Gewinnen nirgendwo anders so hoch wie in Bayern. Anstatt die rechte Flanke bis ins Unerträgliche zu erweitern hätte die CSU sich wohl besser mit der AfD auseinander gesetzt. Aber Seehofer war ja zu allem bereit. Wäre Franco noch an der Macht, wäre er wohl auch dorthin gefahren, wie er es mit Orban gemacht, nur um zu demonstrieren, seht her, wie rechts die CSU ist. Ein erbärmliches Zeugnis von Seehofer, der auch demnächst eine Wahl vor der Brust hat. Dazu muß ich nochmal das Fass aufmachen und fragen, warum eine regionale Partei, die nur in Bayern gewählt werden kann, auf Bundesebene und auch europäisch mitmischen darf und das in nicht unerheblichem Maß. Selbst die CSU, selbst die CDU spricht von einer anderen Partei, wenn sie die CSU meint. Ein bisschen weniger Bayern in allen Bereichen täte sehr gut.
Die FDP hat keine Inhalte zu vermelden, außer den Swinger of states, Christian Lindner, in schwarz-weiss zu plakatieren und mit irgendwas Digitalem zu verbinden. Die FDP hat niemand vermißt, sie kommt daher als alter Müll in neuen Mülltüten und biedert sich der CDU direkt an, wohlverpackt im anscheinend ablehnenden Ambiente. Schwarz-Gelb wurde vor vier Jahren deutlich abgewählt, anscheinend haben dies leider viele Wähler wieder vergessen. Lindner gewann die Wahl in Nordrhein-Westfalen nicht ohne vorher zu sagen, wenn es in Berlin danach gut läuft, wieder weg zu sein. Nun steht die erbärmliche FDP-Truppe ohne Kopf in NRW da. Im Bund wird wahrscheinlich Jamaika kommen, wenn man die Zeichen deutet und da ist doch in Berlin mehr zu holen als in Düsseldorf. Auch das haben die Wähler wohl wieder vergessen und wundern sich jetzt, dass Lindner, wegen dem sie doch die FDP gewählt haben, nicht mehr da ist sondern in Berlin agiert. Trau, schau, wem!
Die SPD hatte, als sie bekannt gab, Schulz als Kanzlerkandidaten aufzustellen, das Medienecho auf ihrer Seite. Tausende Neueintritte in einer Nacht, 100% Wahlerfolg an der Basis. Was wurde hier geboren? Gerechtigkeit und Würselen… Selbst ich dachte anfangs, Schulz sei eine gute Wahl. Er kam aus Europa, war nicht Mitglied der Regierung und konnte sich daher mit Merkel auseinander setzen. Das dachte ich wirklich nur am Anfang. Kurz darauf stellte sich Flaute ein. Schulz war weg. Wenn man ihn hörte, war das etwas vom Nachbarn aus Würselen, der ein hart arbeitenden Dachdecker, Müllmann oder Schlosser sei. Nach der Vorstellung der weiträumigen Nachbarschaft wartete ganz Sozial-Deutschland auf die Ankündigung, Hartz IV abzuschaffen und die Agenda 2010 Schröders komplett zu überarbeiten, und neu auf soziale Gerechtigkeit zuzuschneiden…es kam nichts! Stattdessen wurde ein Wortstummel zum Parteiprogramm…Gerechtigkeit…ja, es sollte eigentlich diese Gerechtigkeit entstehen, indem man eben oben genannte Veränderungen durchführt. Doch nicht mal die Erwähnung der unsäglichen Agenda-Politik war der Fall. Hätte die SPD den Mut und den Willen zur Veränderung der Agenda 2010 von Altkanzler Schröder gehabt, sie hätte die Wahl gewonnen, davon bin ich fest überzeugt. Aber stattdessen wurde Kuschelwahlkampf betrieben, das Rede-Duell war eine Farce. Auch mit der SPD, als Steigbügelhalter Merkels, hätte es nur ein „weiter so…“ gegeben. Nun wollen sie nicht mehr für eine Große Koalition bereitstehen und ich befürworte dies sehr. Die SPD will nun schauen, woran diese große Niederlage fest zu machen ist. Woran, das habe ich eben oben beschrieben. Ändert dies, geht in euch und stellt euch endlich um . Ich weiß, dass selbst die Basis froh wäre, wenn diese unsäglichen Agenda 2010-Zwänge endlich aufhören würden.
Die Grünen werden wohl in Jamaika aufgesogen. Als für mich nicht wählbare Konservativ-Möchtegernlinke werdet ihr an dieser Koalition zerbrechen. Urwähler der Grünen, die noch den alten Spirit der Umweltaktivisten besitzen werden euch nicht mehr wählen. Vor langer Zeit wäre eine solche Koalition unmöglich gewesen, da es hieße, mit den Klassenfeinden gemeinsame Sache zu machen. Heute bietet sie sich förmlich an. Aber, laßt euch gesagt sein, ihr werdet zwischen den beiden neoliberalen Kräften zerrieben und aufgespaltet. Merkel, so ist ihr Stil, wird euch für Sachen verantwortlich machen, die ihr vielleicht nicht getan aber mitgetragen habt, aber es wird von ihr suggeriert und damit seid auch ihr, wie schon die SPD, fertig.
Die Linke hat sich einigermaßen gut geschlagen. Sie haben das gemacht wozu sie im Stande waren und haben sich behauptet. Nicht mehr und nicht weniger. Momentan liegt eine Linke leider nicht im Trend, vielleicht ist das, nach einigen Monaten mit Rechten im Parlament ja bald anders.
Die AfD sollte man immer nur auslachen, das schrieb ich gestern nachdem das Studio von Anne Will dies im Kollektiv tat und Gauland an die Wand lachte, der das gar nicht gerne sah und hörte. Doch es ist leider viel schwieriger. Natürlich ist die AfD mit Rechten durchsetzt und fährt einen äußerst rechten Kurs. Dabei ist nur die Flüchtlingsproblematik der einzige Motor. Hätten alle Parteien und vor allem die Medien dieses Thema nicht immer wieder befeuert, die AfD hätte es sehr schwierig gehabt, überhaupt die 5%-Hürde zu knacken. Als die SPD mit dem Thema Flüchtlinge um die Ecke kam, fragte ich mich, ob die SPD von der AfD beraten wird. Welche Wahlstrategen können dazu raten, das Fass Flüchtlinge im Wahlkampf wieder aufzumachen? Erst im letzten Moment scheint manchen klar geworden zu sein, dass mit Themen wie Rente, Soziales, Verkehr und auch Gerechtigkeit die AfD viel besser zu beherrschen ist. Dies von Anfang an so praktiziert und es hätte keine AfD im Parlament gegeben. Auf Fragen zur Rente konnte Gauland bisher nur sagen, dass sie kein Programm dazu haben, sie seien ja eine junge Partei. Ich frage mich, ob dies die Wähler akzeptieren, es sind ja meist eher ältere Männer, die ja auch von etwas leben müssen. Oder der durchschnittliche AfD-Wähler goutiert nur eines, was die Partei wie keine Zweite kann: Hassen! So weit möchte ich nicht gehen. Ich glaube, viele sind einfach nur absolut unzufrieden und finden kein anderes Ventil. Dann werden sie von rechts mitgespült und werden Teil des Ganzen. Fest steht, dass der rechtslastige Teil der Partei überwiegt und der ist gefährlich. Ausgerechnet Deutschland leistet den Rechten hier mit über 13% Wahlerfolg Vorschub, was unser Ansehen in der Welt nicht gerade steigert. Ich kann nur an die demokratischen Kräfte im Parlament appellieren, setzt diesen Hassern etwas entgegen, laßt euch nicht vereinnahmen, stellt sie bloß, am besten mit Themen, die sie nicht verstehen…das sind mit Ausnahme von Rassismus und Hass alle anderen Themen. Der Selbstzerstörungsprozess dieser „Partei“ scheint mit dem Rückzug von Petry bereits begonnen, bevor die Plätze im Parlament überhaupt von den Hintern angewärmt wurden. Und, liebe Medien, liebe Politiker, plappert diese unglaublichen Zitate Gaulands, Petrys, Höckes oder sonstigen Brandstiftern nicht dauernd nach, damit bleiben sie immer im Gespräch.
Ich persönlich bin ja mal gespannt, wie es weitergeht. Jamaika wird kommen, da bin ich mir sehr sicher. Auf aufregende Debatten darf man hoffen. Mal schauen, wie sich die „Etablierten“ gegenüber den Rechtspopulisten schlagen und halten die überhaupt aus oder gehen sie vorher kaputt? Man darf gespannt sein.